Update 2022-04-27: Feedback by Anita implemented (thx!)
Motivation
Mein Bruder schenkte mir das Buch vor einem Jahr (thx!). Aufgrund meines aktuellen Interesses an Esperanto passt es thematisch sehr gut und war auch deutlich leichter zu lesen als Die Farben der Magie.
Zusammenfassung
Es gibt keine für mich zufriedenstellende Rezension, darum probiere ich es mal. Ich erachte es für passend es in drei Sprachen zu machen:
Clemens Setz mag zwar keine Biene des Unsichtbaren sein, aber teilt seine Auseinandersetzung mit Kunstsprachen in diesem Buch. Einerseits werden ernsthafte Anforderungen wie Kürze (Ithkuil) und Nonverbalität (Blissymbolics) diskutiert, aber Setz bietet mit Einblicken in Láadan, Grammelot, Glossolalie, Klingonisch und Lingua Ignota auch eine Gegenpfarre entlang der Sapir-Whorf Hypothese. Hierbei wird die religiöse, kulturelle und politische Weite der Sprachenbildung (Verfolgung der Esperantistoj und Einsamkeit der conlang native speaker) nicht ausgeklammert. Anhand von ausgiebigen poetischen Beispielen wird die linguistische Ästhetik illustriert, sodass das Buch jedem Linguistikinteressierten zu empfehlen ist.
Clemens Setz ne asertas esti abelo de nevideblo, sed reportas sian sperton pri planlingvoj en tiu libro. Unuflanke li priparolas serioza postuloj kia koncizeco (Ithkuil) kaj neparoleblo (Blissymbolics). Aliflanke verkisto Setz ofertas kontraŭparoĥoj per la láadan, grammeloto, glossolalio, la klingona kaj la ignota lingvo laŭlonge la hipotezo de Sapir-Whorf. En tiu kunteksto la religiaj, kulturaj, kaj politikaj aspektoj (persekuto de esperantistoj kaj soleco de planlingvanaj denaskuloj) ne mankigas. Per diversaj poemoj, la verkisto ilustrias la lingvistika estetiko, do mi konsilas la libron al ĉiuj homoj kiuj interesiĝas pri lingvistiko.
Clemens Setz might not be a bee of invisibility, but shares his own exposure to constructed languages in this book. On the one side serious requirements such as brevity (Ithkuil) and nonverbality (blissymbolics) are discussed, but Setz also provides insights into Láadan, Grammelot, Glossolalie, Klingonisch, and Lingua Ignota as counterparish along the Sapir-Whorf hypothesis. The religious, cultural, and political depth of linguistic endeavours are not neglected (persecution of Esperanto speakers and secludedness of conlang native speakers). By a large corpus of poems, linguistic aesthetics are discussed to make this book recommendable to everyone interested in linguistics.
Zitate
„Anteilsam?“ „Sagt man das nicht so? Anteilnahme, anteil…sam. Keine Ahnung. Du bist der, der Deutsch kann.“
„Nun würde alles gut werden. Die Blisssymbolics würden von einer neuen Generation erlernt und damit in die Welt getragen werden. Die Saat für das Ende aller Kriege, aller Lügen, aller Gewalt war ausgestreut und würde aufgehen. Die universelle Sprache würde nach und nach die anderen, minderwertigen Sprachen verdrängen. Und die Menschheit dürfte, endlich, über die kommenden Jahrhunderte von all ihren Verirrungen ausruhen und heilen.”
„Bliss pflegte seine Frau, währenddessen erlernte er eifrig das Chinesische. Eines Tages erklärte ihm sein Chinesischlehrer etwas Verblüffendes: Zwei Chinesen aus unterschiedlichen Teilen des Landes könnten, so der Lehrer, eine Tageszeitung lesen und verstehen, aber wenn man sie miteinander reden ließe, würden sie einander nicht notwendigerweise verstehen, weil völlig unterschiedliche Dialekte sprächen.“
„Da die Japaner vom Begriff ‚Juden‘ keinerlei Feindbild abzulesen vermochten, wurden diese im diplomatischen Austausch von Meisinger kurzerhand in ‚Anti-Nazis‘ umgetauft und zu Spionen erklärt. […] Wieder einmal zeigte die Sprache ihr dämonisches Antlitz. Wörter als Munition.“
„In der Deutung einiger Gelehrter ist das Zungenreden überhaupt nichts Menschliches, sondern nur der Interferenzeffekt, der entsteht, wenn man die Heilige-Geist-Sprache auf dem niederen Betriebssystem des menschlichen Gehirns laufen lässt.“
„Am 13. November 1925 schrieb Rainer Maria Rilke an seinen polnischen Übersetzer Witold Hulewicz: ‚Wir sind die Bienen des Unsichtbaren‘. Ist das nicht auch die beste Definition von Dichtern in erfundenen Sprachen? Sie bringen Ertrag und Nährstoffe von einer Quelle, die sonst kaum jemand sehen kann. Wer eine erst vor kurzem erfundene Sprache spricht, macht sich in gewisser Weise vor der Weltgeschichte unsichtbar. Die Weltgeschichte hasst so was.“
„[…] immer kam er überall an, mit seiner altmodischen Braille-Schreibmaschine im Gepäck und einem Geist, offen und hellwach und flink wie ein Florett, in dem jede neue Sprache schon nach kürzester Studier- und Downloadzeit installationsbereit wartete.“
„Überhaupt ist Esperanto, obwohl sein Erfinder dies eigentlich hatte verhindern wollen, zum Bersten voll von möglichen Doppelbedeutungen. Der Wiener Esperantist Cimpa wies mich auf das simple Beispiel ‚informo‘ hin, was einerseits Information bedeutet, aber auch ‚in-formo‘, ‚weibliche Form‘. Das kommt davon, dass man ein weibliches Partikel wie ‚in‘ verwendet. Ein Wort wie ‚indigo‘ könnte man auf Esperanto mit ‚Frauen-Deich‘ übersetzen.“
„Mir ist es, glaube ich, nicht gegeben, in Plansprachen zu dichten“
Notizen
(Links zur EN oder DE Wikipedia, je nachdem welcher Artikel informativer ist)
- Seite
-
Notiz
- 13
-
ital. Autor, Übersetzer: Tommaso Landolfi
- 16
-
amerik. Stamm: Yahi
- 17
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Aboriginalsprache Mati Ke
- 19
-
L.L. Zamenhof, Lingvo Internacia, Esperantovereine
- 21
-
öster. Gebärdensprache
- 22
-
“A Man Without Words” von Susan Schaller
- 26
- 30
-
Mr. Symbol Man, Charles Bliss, Semantography
- 34
-
SS-Mann Josef Meisinger
- 36
-
logisch versus illogisch
- 60
-
vegetable theory, Ontario Crippled Children’s Center, Shirley McNaughton
- 74
- 77
-
Blissymbolics native speaker: Mustafa Ahmed Jama
- 79
-
Dichter: Sreĉko Kosovel
- 84
-
Buch „The Best of H.C. Artmann“ von H.C. Artmann
- 88
-
“Flatland” von Edwin A. Abbott
- 91
-
conlang aUI “The Language of Space”
- 91
-
Philosoph, Psychologe, Autor von conlang aUI: W. John Weilgart
- 100
-
Irischer Poet: Antoine Ó Raifteiri
- 104
-
Wort „Chrestomathie“
- 109
-
keltische ausgestorbene Sprache: The Pictish Language
- 113
-
Schriftsystem: Ogham
- 118
-
Schriftsteller Franz Josef Czernin (Dichter)
- 119
-
Dichterin Catrin Dafydd, Annahme: im Buch fälschlicherweise als „Catrin Dawydd“ geschrieben
- 129
-
conlang Autor Johann Martin Schleyer, conlang Volapük
- 145
-
conlang Ithkuil
- 150
- 151
-
conlang Láadan
- 152
-
Linguistin experimentierend mit Gender und Emotionen, Elgin
- 155
-
Láadan Beispielliste
- 163
-
Buch Babel-17
- 163
-
Dokumentation “The Polymath, or the Life and Opinions of Samuel R. Delany, Gentleman” von Fred Barney Taylor
- 168
-
conlang Autor: James Keilty, conlang Prashad und Talossa, Buch „The People of Prashad“
- 187
-
Volapükist: Hermann Philipps
- 188
-
Volapükist: Johann Schmidt
- 191
-
„Gegenpfarre“
- 201
-
Volapükistin: Corinne Cohn
- 205
-
Meskwaki culture, aka. Fox
- 207
-
John Cage, “They say totally determined music and indeterminate music sound the same”
- 208
-
Sprachtechnik Grammelot
- 214
-
Thamsanqa Jantjie dolmetscht SASL bei Nelson Mandelas Trauerfeier falsch
- 221
-
kroatische Untertitel in Serbien
- 225
-
August Walla muss alles beschriften
- 239
- 240
-
Peter Handkes Nobelpreisrede wird mit EN Spracherkennung transkribiert
- 243
-
Begriff Glossolalie
- 248
-
Martin Kessel, Buch „Herrn Brechers Fiasko“, Ü-Sprache
- 259
-
Hund Arli tippt
- 268
-
Henry Wadsworth Longfellow’s Gedicht in Esperanto
- 277
-
Schulanekdoten “Lumo kaj Ombro”
- 282
-
Esperantodichter William Auld
- 285
-
Esperantodichter Julio Baghy (Alternative zu Dimotiki)
- 287
-
conservative form of Modern Greek: Katharevousa
- 288
- 291
-
Esperanto and Open Source
- 293
-
Esperanto Dichter: Gyula Julio Baghy
- 297
-
Esperanto Dichter: Kálmán Kalocsay
- 299
-
Deutsches Reimlexikon: 2rhyme.ch
- 301
-
Esperanto-Dichterin: Marjorie Boulton
- 309
-
Esperanto native speaker: Klára Ertl, Esperanto Dichter: István Ertl
- 310
-
Language Lingala
- 310
-
„Ihr zufolge gibt es offenbar zwei Gruppen, die unterschiedliche Spielarten des ‚perfekten Beherrschens‘ einer Sprache verkörpern: Enthusiasten – und deren Kinder“
- 310
-
Kreolsprache Papiamentu
- 310
-
Esperantobewegung Finvenkismo
- 312
- 313
-
Esperantisto François Lo Jacomo
- 319
-
Esperantobewegung Raumismus
- 320
-
Esperantobewegung Esperanta Civito
- 321
-
„Finde heute noch einen monolingualen Sprecher des Irischen“
- 323
-
Esperanto Dichter Jorge Camacho
- 325
-
Bengali Dichter Rabindranath Tagore
- 325
-
Bahá’í Glaubensgemeinschaft
- 339
-
„Die gefährliche Sprache“ von Ulrich Lins
- 339
-
Verfolgung der Esperantistoj
- 339
-
Karl Vossters denunzierende Kommentare bez. EO
- 340
-
Esperantist und Kämpfer gegen Faschismus: Hans Weinhengst
- 340
-
Wiener Esperantisto, Übersetzer: Christian Cimpa
- 356
-
„Prüfungsfrage: Warum ist die Geniedichte in der Esperanto-Welt so hoch?“
- 366
-
Stalins Säuberungen
- 368
-
geschlechtsneutrale Pronomina in Esperanto (ri, gi, hi, ŝli)
- 369
-
Esperanto-Förderer: Kazimierz Bein
- 370
-
Verb kabei
- 371
-
conlang Toki Pona
- 374
- 377
-
„Ich habe, nachdem ich den Klingonisch-Kurs auf Duolingo absolviert hatte, versucht, den vom Klingon Language Institute herausgegebenen Klingon Hamlet zu lesen. Es war mir zu schwierig.“
- 379
-
„Man musste, um den Wortbestand der Sprache kennen, zum Zeitpunkt des Todes von J. R. R. Tolkien vorhandenes Material auswerten bzw. hoffte auf postume Entdeckungen.“ „Quenya ist also nicht per Definition open source.“
- 381
-
Esperanto Dichterin: Spomenka Štimeo
- 391
-
Esperanto Dichter: Baldur Ragnarsson
- 399
-
conlang Kobaïa
- 399
-
Autorin in conlangs: Dagmara Kraus
- 399
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conlang Langue Bleue aka. Bolak, conlang Autor Léon Bollack
- 399
-
conlang Myrana, conlang Autor Josef Stempfl
- 401
-
conlang Lojban
- 402
-
Till Eulenspiegel und Lojban, „Denn es gibt in Lojban, ähnlich wie in Blissmbolics, eine eigene Markierungskonvention, mit der man bildhaften Sprachgebrauch ankündigt.“
- 404
-
Lojban Dichter Michael Turniansky
→ Blissymbolics symbols list
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„Jede Krise braucht eine Sprache“ von Kolja Reichert
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„Ich sehe was, was ich nicht sehe“ von Clemens Setz
Conclusio
Es war es wert dieses Buch zu lesen. Zwar kann ich mit Gedichten nicht viel anfangen, aber der faktische Überblick über Planspracheneigenschaften war trotz seines fehlenden Sachbuchcharakters die Zeit wert. Die Verbindung des Esperantomanifests mit der Open-Source-Community ist wahrlich ein interessanter Gedanke, der in diesem Buch vorkommt und planmäßig zu einer Grazer-Linuxtage-Einreichung mit Richard in einem Jahr führen wird.